Auch wenn ein vom Finanzamt beauftragter Postdienstleister an der Adresse des Empfängers an einem Werktag innerhalb der sogenannten Dreitagesfrist keine Post zustellt, gilt der Verwaltungsakt trotzdem als rechtzeitig bekanntgegeben. Das gilt sogar dann, wenn an zwei Tagen hintereinander keine Zustellung erfolgt – etwa, wenn der zustellfreie Tag direkt vor oder nach einem Sonntag liegt.
Nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 der Abgabenordnung (AO) kann ein schriftlicher Verwaltungsakt per Post übermittelt werden. Dabei zählt nicht nur die Deutsche Post AG, sondern auch jeder andere private Postdienstleister als „Post“ im Sinne dieses Gesetzes. Wenn der Verwaltungsakt innerhalb Deutschlands verschickt wird, gilt er am vierten Tag nach dem Absenden (bis zum 31.12.2024: am dritten Tag) als beim Empfänger eingegangen – es sei denn, er kommt tatsächlich später oder gar nicht an. In solchen Zweifelsfällen muss das Finanzamt nachweisen, wann der Bescheid beim Empfänger eingegangen ist. § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO greift allerdings nur ein, wenn ohne weiteres feststellbar ist, wann der Brief tatsächlich zur Post aufgegeben worden ist.
Wenn der Steuerpflichtige nicht bestreitet, dass ihm das Schreiben überhaupt zugegangen ist, sondern nur behauptet, es sei nicht innerhalb der Drei- oder Viertagesfrist des § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO angekommen, dann muss er diese Behauptung konkret begründen. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesfinanzhofs (BFH) reicht ein bloßer Hinweis auf einen verspäteten Zugang nicht aus. Der Steuerpflichtige muss Tatsachen vortragen, aus denen sich nachvollziehbar ergibt, dass es ernsthaft möglich ist, dass der Brief nicht wie üblich innerhalb von drei bzw. vier Tagen nach dem Absenden angekommen ist. Außerdem wird vom Empfänger erwartet, dass er Vorsorge trifft, um einen möglichen verspäteten Zugang beweisen zu können – etwa, indem er den Poststempel, das Datum des Bescheids oder andere erkennbare Hinweise dokumentiert. Wichtig ist aber: Die Anforderung, konkrete Tatsachen darzulegen, darf nicht dazu führen, dass die gesetzlich vorgesehene Beweislast – die beim Finanzamt liegt – auf den Steuerpflichtigen verlagert wird. Dennoch muss der Empfänger, wenn er die gesetzliche Zugangsvermutung erschüttern will, für jeden Tag innerhalb der Drei- oder Viertagesfrist konkrete Anhaltspunkte vortragen, warum eine Zustellung gerade an diesem Tag nicht erfolgt sein kann. Dies gilt auch dann, wenn die Post nicht an allen Werktagen zustellt – zum Beispiel, wenn ein zustellfreier Tag direkt an einen Sonntag anschließt und dadurch zwei Tage hintereinander keine Zustellung erfolgt. Selbst in solchen Fällen bleibt die gesetzliche Zugangsvermutung nach § 122 Abs. 2 Nr. 1 AO bestehen.
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